Kickern als Zeitvertreib in der Schule, dem Vereinsheim oder dem Jugendzentrum ist bei jungen Menschen Alltag. Tischfußball als kompetitiver Sport noch Nische. Trotzdem stoßen kontinuierlich Jugendliche aus allen Ecken des Landes zur Tischfußballszene hinzu und mischen diese bisweilen gehörig auf. Immer wieder tauchen Junioren und Juniorinnen auf großen Turnieren in den offenen Disziplinen ganz vorne auf. Bei der WM 2022 stechen im Juniorenfeld Deutschland und Österreich heraus. Ein genauerer Blick auf die deutsche Jugendarbeit lohnt sich, auch wegen der jüngst vergangenen DM in Oeversee bei Flensburg.
Die wird im U19 Feld dominiert von den Berlinern Justus Aust (17, rechts Offense im Bild) und Özgün Karabarlas (18, rechts Defense). Die beiden bedienen auch gut das obige Beispiel. In offenen Wettbewerben auf großen Turnieren lassen sie teilweise gestandene Nationalspieler aus Deutschland, Österreich und der Schweiz im wahrsten Sinne alt aussehen. Unter anderem einen ihrer Förderer, Raphael Hampel. Mit seinem Teamkollegen Thomas Haas trat Hampel 2016 in Berlin eine Bundesfreiwilligendienststelle beim DTFB an.
Ihr Hauptwirkungsort, das Jugendzentrum „New Way“ in Berlin. „Özgün ließ sich von Einrichtungsleiter Carsten Essing als Erster für den Sport begeistern. Gegen Ende des Bufdi-Jahres Ben Thieme (18, links Offense). Den habe ich dann auf einem Vater-Kind-Kickerturnier bei uns am Kiez getroffen, wir haben uns gut verstanden. Dann bin ich über ihn zu den Cubs gekommen“, erzählt Justus Aust auf der Heimfahrt von Flensburg.
Aus einer Idee „ist mittlerweile ein großartiges sozialpädagogisches Projekt entstanden und unser Verein New Way Cubs unter der Leitung von Hans-Georg Prengel, mit Teamshop, 13 deutschen Meister- und auch schon Weltmeistertiteln“, so Aust stolz. Sein Doppelpartner Karabarlas gibt auf seiner Insta-Seite sein Ziel preis: Der beste Tischfußballer der Welt werden. Die begnadeten Youngsters der Cubs sind ein Parade-Beispiel für institutionelle Nachwuchsförderung des Verbandes.
„Mit der DTFJ (Deutsche Tischfußball Jugend) als seperater Arm des Verbands haben wir in Deutschland eine Struktur, die wohl einzigartig und gleichermaßen förderlich ist“, so Jan Eschweiler-Voecks, der mittlerweile für das Gebiet Ausbildung im DTFB zuständig ist und Jugendwart war. Das achtköpfige, interdisziplinäre Team „ist eine super Mischung“, meint Eschweiler-Voecks, wo Leistungsförderung und Pädagogik gut ineinander greifen. „Und da Jugendarbeit immer etwas Zeit versetzt ist, wird das Programm erst noch richtig Früchte tragen." Das Aushängeschild ist dabei das Kickercamp in den Osterferien.
Mehrere Tage Kickern am Stück, „bei dem man viel übt und von den Trainern etwas gezeigt bekommt", erzählt die dreimalige Camp-Teilnehmerin und frisch gebackene deutsche Meisterin der Juniorinnen Eileen Hehner (15, auf dem Siegerpodest). Gepaart mit dem Gefühl von Ferienlager, „bei dem man viele Leute kennenlernt und sich anfreundet“ eine gute Kombination. Sie ist über ihren Vater Sven zum Kickern gekommen. „Das klassische Eltern-Kind-Modell“, erklärt Eschweiler-Voecks. „Weil es viele Aktive in Deutschland gibt, entdecken junge Menschen auch über ihre Familie das Kickern für sich. So entstehen ganze Kickerfamilien“. Eileens Papa ist beim Klub in Fränkisch-Crumbach Vorsitzender und verantwortlich, dass aus dem Darmstädter Vorort Kickertalente am laufenden Band heran wachsen. Er steht exemplarisch für viele ehrenamtlich Engagierte im ganzen Land. Über den Kickertisch in der Schule spricht sich rum, dass es einen Kickerklub im 3000 Seelendorf gibt, erklärt Eileen.
In Sachen Tischfußball sieht es nach einer rosigen Zukunft in Deutschland aus. Wer sich selbst ein Bild machen will, kann sich die Spiele der DM im Relive auf Twitch und dem Kanal „dtfbtv_2“ ansehen.
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