Rund eine Woche ist es her, dass Thomas Haas und Sarah Klabunde bei ihrer Titelverteidigung im Mixed das letzte von 6511 Matches bei der Leonhart World Series in Saarbrücken beschlossen. Fast 1000 Aktive an über 130 Tischen, koordiniert über eine noch wenig erprobte neue Turniersoftware in einer neuen Location. Die Frage im Vorfeld: Kann das gut gehen? Im Nachhinein lautet die Antwort ja. Zur Freude der Veranstalter, dem Schirmherrn und der Spielerinnen und Spieler aus der ganzen Welt. Für die sportlichen Highlights sorgten Fortsetzungen spezieller Duelle, ein Jungspund aus Berlin, zwei deutsche Damen und der Beste seiner Zeit.
Halbfinale im Einzel am Freitag. Nationalspieler und Evergreen Max Hoyer führt 2:0 in Sätzen gegen den Justus Aust. Acht von zehn Toren hat Hoyer aus dem Mittelfeld erzielt. Durchaus ein Grund für einen 19-jährigen einzubrechen, aber Aust ist einer dieser jungen Kickergeneration, die ein schier unerschütterliches Selbstbewusstsein mitbringen. Wenig später ist die Partie vorbei. Aust hat seine Defense in den Griff bekommen und das Spiel gedreht und trifft im Finale auf den US-Goldboy Tony Spredeman. Dort hat er wie viele andere vor ihm keine Chance. Aktuell scheint nur Felix Droese ihm gefährlich werden zu können. Unter den letzten Acht entscheidet der letzte Ball zum 8:7 in der Verlängerung bei der Revanche des Vorjahresfinals pro Tony.
Foto - FREDERIK BUCHMANN: Justus Aust ist einer von mehreren Jungspielern, die bereits der Weltklasse zuzuordnen sind. Spätestens seit dem 2. Platz in Einzel bei der Leo WS.
Es waren die Comebacks und Revanche-Spiele des Vorjahres die in Erinnerung bleiben werden. Das Offene Doppel war von beidem geprägt: In einer Nervenschlacht und nahezu K.O. drehten Yannik Hansen und Felix Droese ein 1:4 im Entscheidungssatz im Viertelfinale gegen Julian Wortmann und Bandenspezialist Thomas Kroll. Erst dadurch ging die Tür auf, für das finale Rematch von 2023 gegen Björn Hoffmann und Tony Spredeman. Die krönten sich für ein sagenhaftes Turnier: In sieben K.O. Runden brauchten sie keinen Entscheidungssatz, fünf Mal hieß es 3:0 für sie und bei insgesamt nur zwei Satzverlusten - stark. Ein Gänsehautmoment, als sich die beiden dann in die Arme fielen.
Foto - FREDERIK BUCHMANN: Wild entschlossen der beste zu sein. Tony Spredeman gewinnt mit Björn Hoffmann das Doppel und das Einzel.
Ähnlich wie bei den Damen. Zwar etwas softer aber ebenso rührend, die innige Umarmung von Djamila Nader und Sarah Klabunde nach dem Sieg im Damen Doppel. Nader und Klabunde gelang dabei, was drei Jahre am Stück kein Damendoppel geschafft hatte: Linh Tran und Ecaterina Sarbulescu bei einer Leo WS zu besiegen und an der Spitze abzulösen. Ganz ohne Gold blieben die Serienchamps aber nicht, im Classic am Donnerstag siegten Tran und Sarbulescu. Im Einzel der Damen zeigte die Bulgarin Veronika Mincheva, dass nicht immer Strategie und Taktik, sondern auch Wille, Tempo und Energie zum Turniersieg führen können. Angriffslustig boxte sie sich durchs Feld und gewann im Finale gegen Teamkollegin Ekaterina Atanasova, die zuvor Tran raus kegelte.
Foto: Links Sarah Klabunde, rechts Djamila Nader nach der Siegerehrung. Dort wirken die beiden frisch gebackenen Champs gefasst. Es dürfte ein paar Momente gedauert haben, bis sie ihren Coup realisiert hatten.
Positiv an der WS 2024: Durch die neue Final Area konnten alle Entscheidungsspiele von der Tribüne aus bestens mitverfolgt werden. Die Software Coral tat ihren Dienst und sorgte für den Überblick über alle Bewerbe. Für Hunderte aus aller Welt, für die die Leo WS frühes Ausscheiden bot das Zuschauen, nicht nur eine Entschädigung, sondern ein Erlebnis. Von Fankultur zu sprechen wäre vermessen, aber es fühlte sich schon nach Stadion an, als Finn Meyer im deutschen Flyeralarm Nationaltrikot den Matchball gegen die Schweiz im Halbfinale zum 30:29 versenkte. Und das im Nations Cup, der in den letzten Jahren ein Attraktivitätsproblem hatte. Gute Rahmenbedingungen und fightende Sportler, die ein 20:26 umdrehen machen es möglich.
Einer, der diese Bedingungen mit geschaffen hatte ist der Innenminister des Saarlands Reinhold Jost. Er ermöglichte die Joachim Deckarm Halle, geht aber noch weiter als Fürsprecher: „Ich kann allen nur anraten dem Beispiel des Saarlands zu folgen und Tischfußball ernst zu nehmen und als Sport anzuerkennen, in den Bundesländern und im Olympischen Sportbund“, so der Appell von Jost. „Aus einem Randsportart ist eine Breitensportinitiative geworden, die noch dazu Inklusion ermöglicht. In der Menschen mit körperlicher und geistiger Beeinträchtigung die Möglichkeit haben sich über Sport zu definieren.“, so der Innenminister.
Foto: "Calcio Balilla" also Tischfußball ist in Italien als Sport anerkannt. Im Bereich für Menschen mit Handicap ist Italien Vorreiter, nirgends finden so viele Turniere statt und spielen so viele Menschen mit Beeinträchtigung. Ein Zustand den Innenminister Reinhold Jost auch gern in Deutschland außerhalb des Saarlands hätte.
Er durfte mit „großer Freude“ beobachten, wie die deutschen Damen und Senioren abermals ihre Ausnahmestellung im Nations Cup bestätigten, Italien seine Vorreiterrolle im Rollstuhlsport im Finale gegen Deutschland unterstrich und junge Menschen aus ganz Europa sich auf Augenhöhe am und Abseits des Tisches bei den Junioren begegneten.
Alle Ergebnisse zur Leonhart World Series sind hier zu finden.
Die Livestreams sind auf den Youtube Kanälen vom DTFB und ITSF zu finden.